Vor- und Nachteile des Kaufs von Immobilien aus Zwangsversteigerungen

Ein umfassender Leitfaden für potenzielle Käufer

von Julia aus dem Zwangsversteigerungsanwalt-Expertenteam | 15.01.2025
Immobilien aus Zwangsversteigerungen sind oft zu einem günstigen Preis erhältlich, doch der Kauf ist nicht immer vorteilhaft. Interessenten sollten beim Ersteigern einer Immobilie sorgfältig vorgehen. In diesem Artikel erfahren Sie, auf welche Punkte Sie besonders achten sollten.
Vor- und Nachteile des Kaufs von Immobilien aus Zwangsversteigerungen

Was ist eine Immobilien-Zwangsversteigerung?

Eine Immobilien-Zwangsversteigerung wird eingeleitet, wenn ein Eigentümer seine Schulden nicht mehr begleichen kann. In diesem Fall kann der Gläubiger, oft eine Bank, die das Haus oder die Wohnung finanziert hat, eine Zwangsvollstreckung beim Amtsgericht beantragen. Voraussetzung dafür sind ein Vollstreckungstitel, den der Gläubiger nach einem gerichtlichen Mahnverfahren erhält, und eine Vollstreckungsklausel. Bei ausbleibender Zahlung nach wiederholter Aufforderung kann der Gläubiger das Vermögen des Schuldners, wie Konto, Lohn oder eben die Immobilie, pfänden lassen.
Die Zwangsversteigerung selbst wird vom Amtsgericht organisiert. Ein Sachverständiger wird beauftragt, den Verkehrswert der Immobilie zu ermitteln, was den wahrscheinlichen Verkaufswert unter Berücksichtigung aller Umstände darstellt. Der festgesetzte Verkehrswert spielt eine entscheidende Rolle bei der Versteigerung. Eigentümer und andere Beteiligte haben das Recht, diesen Wert anzufechten und eigene Gutachten einzureichen.
Die Terminierung der Auktion erfolgt nach Festlegung des Verkehrswertes, wobei zwischen der Anordnung der Versteigerung und dem tatsächlichen Termin oft ein bis zwei Jahre vergehen können. Informationen über anstehende Zwangsversteigerungen sind öffentlich einsehbar, etwa durch Aushänge im Amtsgericht oder online. Interessenten können relevante Dokumente und Gutachten anfordern, um sich vor der Auktion eingehend zu informieren.

Gründe für die Zwangsversteigerung von Immobilien

Eine Zwangsversteigerung kann für Bieter eine attraktive Gelegenheit sein, Immobilien zu einem günstigen Preis zu erwerben. Für den bisherigen Eigentümer jedoch markiert der Versteigerungstermin oft das bittere Ende eines Traums. In der Regel führt der Weg zur Zwangsversteigerung über die Zahlungsunfähigkeit des Eigentümers.
Typischerweise resultiert eine Zwangsversteigerung aus einer erheblichen Verschuldung des Eigentümers. Wenn dieser die monatlichen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr bedienen kann, steht ihm die Möglichkeit offen, Privatinsolvenz anzumelden. Im Rahmen dieses Verfahrens wird pfändbares Vermögen veräußert, um die Gläubiger zumindest teilweise zu befriedigen. Besitzt der Schuldner eine Immobilie, kann diese entweder freiwillig verkauft oder auf Antrag des Gläubigers zwangsversteigert werden.

Kosten und finanzielle Anforderungen beim Kauf einer Immobilie durch Zwangsversteigerung

Viele Interessenten hoffen, bei einer Zwangsversteigerung eine Immobilie als Schnäppchen zu erwerben. Doch bevor Sie an einer solchen Versteigerung teilnehmen, sind einige finanzielle Vorkehrungen zu treffen. Zunächst ist es wichtig, ausreichend Eigenkapital zu besitzen und Finanzierungsmöglichkeiten gründlich zu prüfen. Für die Teilnahme an der Versteigerung ist eine Sicherheitsleistung erforderlich, die in der Regel zehn Prozent des Verkehrswertes der Immobilie beträgt. Diese kann durch einen Verrechnungsscheck, eine unbefristete Bürgschaft eines Kreditinstituts oder eine Überweisung an die Gerichtskasse geleistet werden. Beachten Sie, dass Überweisungen spätestens zehn Tage vor dem Versteigerungstermin erfolgen sollten.
Erhalten Sie den Zuschlag, kommen neben dem Kaufpreis zusätzliche Kosten auf Sie zu. Dazu zählen die Grunderwerbssteuer, die je nach Bundesland variiert und in der Regel bei 3,5 bis 6,5 Prozent liegt, sowie Gebühren für die Eintragung ins Grundbuch. Eine spezifische Gebühr bei Zwangsversteigerungen ist die Zuschlagsgebühr, die ein Prozent des Kaufpreises beträgt und an das Amtsgericht gezahlt wird. Vom Tag des Zuschlags bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises fallen zudem vier Prozent Zinsen an.
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Immobilienkauf entstehen bei einer Zwangsversteigerung jedoch keine Makler‒ oder Notargebühren.
Es ist ratsam, mit Ihrer Bank über die Finanzierungsmöglichkeiten zu sprechen, bevor Sie ein Gebot abgeben, besonders wenn Sie darauf angewiesen sind, einen Teil des Kaufpreises durch einen Kredit zu finanzieren. Sicherzustellen, dass Sie zwischen 20 und 30 Prozent des Verkehrswertes der Immobilie angespart haben und über ein festes monatliches Einkommen verfügen, kann dabei helfen, die Bankfinanzierung zu sichern.

Vorteile beim Kauf einer Immobilie aus Zwangsversteigerungen

Erhebliche Preisvorteile:
  • Möglichkeit, Immobilien weit unter dem Marktwert zu erwerben.
  • Bei geringem Bieterinteresse können bei einem zweiten Versteigerungstermin ohne die üblichen Mindestgebotsbeschränkungen noch günstigere Preise erzielt werden.
Keine Maklerprovision:
  • Der Erwerb einer Immobilie aus Zwangsversteigerung erfolgt ohne die Beteiligung eines Maklers, wodurch die übliche Maklerprovision entfällt.
Reduzierte Nebenkosten:
  • Notarkosten fallen nicht an, da das erforderliche unabhängige Gutachten bereits vom Amtsgericht beauftragt und erstellt wurde.
Vorhandenes unabhängiges Gutachten:
  • Ein vom Amtsgericht in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten bietet eine detaillierte Beschreibung der Immobilie und eine Einschätzung möglicher Mängel, was zur Festlegung des Verkehrswertes beiträgt und dem Käufer eine fundierte Entscheidungsgrundlage bietet.
Diese Vorteile machen den Kauf aus einer Zwangsversteigerung besonders attraktiv, erfordern jedoch auch eine gründliche Vorbereitung und Bewertung der Risiken.

Nachteile beim Kauf einer Immobilie durch Zwangsversteigerungen

Keine Besichtigung möglich:
  • Potenzielle Käufer können die zu ersteigernde Immobilie oft nicht vorab besichtigen. Entscheidungen müssen basierend auf äußerlichen Eindrücken und den vorhandenen Dokumenten getroffen werden.
Beschränkter Zugang für Gutachter:
  • Selbst Gutachter dürfen die Innenräume der Immobilie nicht betreten, was dazu führen kann, dass der im Gutachten festgehaltene Zustand der Immobilie von der Realität abweicht.
Verbindlichkeit des Gebots:
  • Ein einmal abgegebenes Gebot ist verbindlich. Rücktritte sind nicht möglich, daher sollte nur geboten werden, wenn die Finanzierung gesichert ist und der Käufer sicher ist, die Immobilie zu dem gebotenen Preis erwerben zu wollen und zu können.
Risiko von Überbieten:
  • In der Hitze des Gefechts kann es passieren, dass Bieter ihr Budget übersteigen. Ein Rücktritt vom Kauf ist nach Erhalt des Zuschlags nicht möglich.
Räumungskosten:
  • Wenn der ehemalige Eigentümer oder Mieter sich weigert auszuziehen, kann die Durchsetzung einer Räumung zusätzliche Kosten verursachen.
Keine Gewährleistung:
  • Im Rahmen einer Zwangsversteigerung greifen die üblichen Regeln zur Mängelhaftung nicht. Für eventuelle grobe Mängel muss der Käufer selbst aufkommen.
Finanzielles Risiko für unvorhersehbare Kosten:
  • Käufer sollten ein finanzielles Polster für unvorhersehbare Mängel oder notwendige Sanierungsarbeiten einplanen, da diese zusätzlich zum Kaufpreis erhebliche Kosten verursachen können.
Diese Risiken verdeutlichen, dass der Kauf einer Immobilie aus einer Zwangsversteigerung gut überlegt sein sollte und eine gründliche Vorbereitung erfordert.
Kostenfreie Ersteinschätzung sichern
Lassen Sie sich unverbindlich beraten und erhalten Sie eine erste Einschätzung zu Ihrer Situation. Wir klären Ihre Fragen und zeigen Ihnen Ihre Optionen auf.
Hinweis: Die auf dieser Website bereitgestellten Ratgeber Artikel und Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Orientierung und stellen keine verbindliche Rechtsberatung dar. Bitte beachten Sie, dass sich gesetzliche Regelungen und gerichtliche Entscheidungen im Laufe der Zeit ändern können. Aus diesem Grund können die Inhalte möglicherweise nicht in jedem Fall den aktuellen rechtlichen Stand widerspiegeln. Für eine verbindliche Einschätzung Ihrer individuellen Situation empfehlen wir Ihnen, sich direkt mit uns in Verbindung zu setzen.
© 2025 Anwalt‒Zwangsversteigerungsrecht.de. Alle Rechte vorbehalten.